Aus dem Leben...

Das Abendmahl

In den Ausgaben März bis Juni 2013 des Gemeindebriefs setzten wir uns mit dem Abendmahl auseinander.

 

Teil 1: Die Bedeutung

Teil 2: Die liturgische Gestaltung

Teil 3: Austeilungsformen

 

Teil 1: Die Bedeutung

Tanja HeymelVor ein paar Jahren, als ich noch in Biedenkopf Pfarrer war, traf ich einen Mann, der mir erzählte: „Nee, Herr Pfarrer, zum Abendmahl muss ich nicht gehen, so viel hab ich gar nicht gesündigt – einmal im Jahr reicht.“ Und er meinte damit die Abendmahlsfeier an Karfreitag. Und damit hat er bereits eine wesentliche Säule von dreien benannt, die zusammen das Fundament des Abendmahls bilden.

1. Säule: Im Abendmahl ereignet sich die Vergebung der Sünden. Jesus sagt zu seinen Jüngern beim letzten Abendmahl in Jerusalem folgenden Satz, als er den Kelch mit Wein nimmt, Worte, die seinen Tod als Heilsereignis deuten sollen: „Nehmt und trinket alle daraus. Dies ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“ (Mt 26,28). Jesus stirbt also nicht umsonst, sondern mit seinem Kreuzestod überwindet er die Kluft der Schuld, die Gott und Menschen trennt.

Vorstellungsgottesdienst der Konfirmanden 20192. Säule: Im Abendmahl wird uns neue Gemeinschaft geschenkt. Es ist eine besondere Gemeinschaft, die sich um den Abendmahlstisch – in den meisten Fällen den Altar in der Kirche – versammelt. Dort sind wir Schwestern und Brüder in Christus. Weil Christus uns unsere Schuld vergibt, können wir aus ihm heraus neu zusammenkommen, als seine Gemeinde, als seine Kirche. Als von Schuld Befreite werden wir durch die Elemente Brot und Wein mit Christus verbunden, gestärkt und zugerüstet für unser Leben.

3. Säule: Im Abendmahl erinnern wir uns an Jesu Leben, Sterben und Auferweckung. Die christliche Kirche ist von Anfang an geschichtlich geprägt. Das heißt, sie entsteht nicht als fromme Ideologie, nicht als religiöse Idee, sondern sie gründet auf dem Leben und Wirken Jesu Christi. In seinem Leben, Sterben und seiner Auferweckung ist sie verankert. Hier liegt der sachliche Anfang der Kirche. Jedes Mal erinnern wir uns darum an diese Geschichte Jesu Christi im Abendmahl und hoffen darauf, dass das Abendmahl eine stärkende Station auf dem Weg von uns Christen und Christinnen ist, der einst in Gottes Reich an sein Ziel kommen wird.

Christian Ferber

Teil 2:  Die liturgische Gestaltung des Abendmahls

Liturgie ist die feierliche Grammatik des Gottesdienstes. Sie legt fest, an welcher Stelle Gebete, Lieder und Wechselgesänge erfolgen – und so strukturiert sie auch den Ablauf des Abendmahls.

Das Abendmahl wird für gewöhnlich im letzten Drittel des Gottesdienstes gefeiert und dient damit der Zurüstung und Sendung. Vor allem aber hat es einen feierlichen Rahmen, weil es die lebendige Begegnung zwischen Gott und Mensch inszeniert.

Zunächst wendet sich der Liturg an die Gemeinde mit dem „sursum corda“: die Herzen in die Höhe. Damit soll der Gemeinde deutlich werden: Wir werden aufgefordert, uns selbst, so wie wir sind, vor Gott zu bringen. Für die Zuwendung des lebendigen Christus wird dann im „gratia agamus“ gedankt, die im Präfationsgebet ihre Verlängerung findet. Hier werden Gottes Heilstaten gepriesen und zugleich ein alle Zeiten und Orte übersteigender Horizont im Lob Gottes ausgeführt – es ist die hymnische Vorwegnahme des Reichs Gottes. Das anschließende „sanctus“ führt dies als Loblied der Gemeinde musikalisch aus.

Es folgen nach dem Vaterunser die Einsetzungsworte, die an die geschichtliche Heilstat Jesu erinnern und sich im letzten Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern konkretisieren. Zugleich Die liturgische Gestaltung des Abendmahls dienen die Einsetzungsworte dazu, dieses vergangene Geschehen in seiner universalen Bedeutung in die Gegenwart zu holen. Er, Jesus Christus, wird uns ganz Gegenwart, er schenkt sich – nach Luthers Verständnis – in Brot und Wein. Die Gemeinde antwortet darauf mit dem „agnus dei“ – dem „Christe, du Lamm Gottes“. Damit bestätigt sie, dass Jesu Kreuz und Leid, die im Brechen des Brots symbolisiert werden, nicht umsonst waren, sondern der Vergebung der Sünden dienen, um die wir im Abendmahl bitten.

Als die, deren Schuld vergeben wird, können sich Menschen als in Christus Versöhnte auch einander neu zuwenden – in Frieden. Dies zeigt der Friedensgruß, dem anderen Menschen überbracht.

Es folgt die eigentliche Austeilung des Abendmahls, die uns Anteil am Vergebungsgeschenk Jesu Christi in Brot und Wein gibt. Die Spendeformel drückt dies aus: Christi Leib, für dich gegeben – und – Christi Blut, für dich vergossen.

Das Abendmahl wird schließlich durch ein Dankgebet abgeschlossen, das Gott für seine Freundlichkeit dankt, seinen Menschen im Abendmahl Gemeinschaft, Erinnerung und Sündenvergebung zu schenken.

Christian Ferber

Teil 3: Austeilungsformen des Abendmahls

Stephanusgemeinde zur Andacht am Sonntag Judika, 29. März 2020Im Laufe der Geschichte der protestantischen Kirche haben sich unterschiedliche Austeilungsformen entwickelt: Der Gemeinschaftskelch, der Intinctio-Kelch und die Einzelbecher. Welche Austeilungsform aber ist die richtige?

Der Apostel Paulus entwickelt im 8. Kapitel des 1. Korintherbriefs eine grundlegende, ethische Maßgabe zum Umgang von Christen untereinander, die auch auf das Abendmahl angewendet werden kann; nämlich die gegenseitige Rücksichtnahme. Für Paulus ist wichtig, dass Vorbehalte einzelner Menschen ernst genommen und nicht ignoriert werden. Im Bezug auf das Abendmahl und seine Austeilungsformen bedeutet das: Es kann nicht nur ein Angebot geben, das als die ´eigentliche` Austeilungsform angesehen werden muss, wie zum Beispiel der Gemeinschaftskelch. Menschen mit hygienischen Vorbehalten, mit Krankheiten oder alkoholabhängigen Menschen sollte eine eigene Beteiligungsform beim Abendmahl ermöglicht werden. Denn die Austeilungsweise ist gegenüber der Grundbotschaft – Christus lädt alle ein – zweitrangig.

Austeilungsformen des Abendmahls Der praktische Theologe Prof. Dr. Rainer Volp schreibt: „Das Kommunikantenrecht zur jederzeit eigenen Entscheidung erfordert Alternativangebote.“
Die Stephanusgemeinde wird dieser Grundeinsicht dadurch gerecht, dass sie neben dem Gemeinschaftskelch auch den sogenannten Intinctio-Kelch anbietet, in den die Oblate eingetaucht werden kann, wenn Menschen krankheitsbedingt oder aus hygienischen Vorbehalten den Gemeinschaftskelch meiden. Er wird nach dem Gemeinschaftskelch angeboten. Darüber hinaus wird jedes zweite Abendmahl nicht mit Wein, sondern mit Traubensaft gefeiert, um auch Menschen mit Alkoholproblemen den Zugang zu ermöglichen.

Die Stärkung durch Brot und Wein, die Anteilhabe am sich im Abendmahl schenkenden Christus soll durch die Austeilungsform nicht behindert, sondern gefördert werden, um Menschen durch das Abendmahl angesichts ihrer Schuld zu befreien und so in der Gemeinschaft der Gläubigen auf ihrem Lebensweg zu stärken.

Christian Ferber