Aus dem Leben...

Symbole des Christentums

FischIn den Ausgaben Oktober bis Dezember 2012 des Gemeindebriefs setzten wir uns mit den Symbolen des Christentums auseinander.

 

 

Teil 1: Glocken

Teil 2: Die Kerze

Teil 3: Der Diakon Stephanus

 

 

Teil 1: Glocken

„Begleite sie mit ihrem Schwunge des Lebens wechselvolles Spiel.“

GlockeIm Lied von der Glocke spielt Friedrich Schiller auf die lebensbegleitende Funktion der Kirchenglocke an. Ihr Klang ruft uns nicht nur zum Sonntagsgottesdienst. Unter anderem bei Taufen, Hochzeiten und am Ende eines Menschenlebens läuten die Glocken.

Doch die Geschichte der Glocke geht weit zurück in die vorchristliche Zeit. Als Ursprungsland der Glocke gilt China, doch ist unsicher, wie und warum sie erfunden wurde. Allein ihre Existenz seit mehr als 5000 Jahren ist gewiss. In China dienten Glocken nicht nur als Zeitmaß, sondern waren auch tonlieferndes Musikinstrument und Signalgeber bei kultischen Handlungen. Ihr Klang bedeutete das Bindeglied zwischen Himmel und Erde. In Indien vereinen sich nach buddhistischer Auffassung die Klänge aller bekannten Musikinstrumente in der Glocke. Nicht nur in Asien, auch im Judentum gibt es frühe Belege für den Gebrauch von Glocken.

Es ist davon auszugehen, dass koptische Mönchsgemeinschaften in der Wüste als erste die Glocke als liturgisches Instrument verwendeten. Der Mönchsvater Antonius wird auf vielen mittelalterlichen Darstellungen gezeigt, wie er Dämonen und Teufel mit einer Glocke abwehrt.

Mit der Zeit wandelten sich Gebrauch und Auftrag der Glocken. Ursprünglich hingen sie wohl auch als Schutzzeichen am Eingang einer Höhle, Hütte oder Grabkammer, wurden als Girlande um das Kreuz in Felsen geritzt oder als Fresco aufgemalt.

Die sich zusammenschließenden Mönchsgemeinschaften brauchten ein allgemein verständliches Zeichen. Spätestens zu dieser Zeit dürfte die Glocke so aufgehängt worden sein, dass sie mit einem Seil läutbar war. Sie hat schließlich die Aufgabe übernommen die Eremiten zum Gottesdienst zusammen zu rufen.

Früher gestalteten Glocken den Rhythmus der Tageszeit. Sie waren der Ersatz für die persönliche Uhr, die heute so gut wie jeder besitzt. Auch bei nichtkirchlichen Anlässen haben Glocken eine Rolle gespielt, zum Beispiel beim Beginn des Schulunterrichts. Arbeitsanfang und -ende kennzeichnete eine Glocke. Aber auch bei Feuer und feindlichen Angriffen wurden die Glocken geläutet. Das Ende einer Gefahr und der Frieden wurden mit Glockengeläut begrüßt.

Nicht zu hören, verstummt, waren Glocken vor allem, wenn ihr Metall im Krieg für Waffen gebraucht wurde.

GlockenspielDie Herstellung einer Glocke ist aufwendig. Das Gussmaterial ist meistens eine Zinnbronze. Zuerst wird ein hohler Glockenkern gemauert. Dieser wird mit Lehmschichten bestrichen, von denen eine schließlich die genaue Form der späteren Glocke hat – falsche Glocke genannt. Auf ihr werden alle späteren Verzierungen und Aufschriften der Glocke aus Wachs angebracht. Eine erneute Lehmschicht, der Mantel, wird aufgetragen und dann alles gebrannt. Anschließend wird der Mantel abgehoben und die falsche Glocke zerschlagen, dann der Mantel wieder aufgesetzt. So entsteht zwischen Mantel und Kern ein Hohlraum. Die Glockenform wird in eine Grube gesetzt, die mit Erde verfüllt wird, sodass die Form dem beim Gießen entstehenden Druck standhalten kann. Rinnen leiten das Gussmaterial in die Form. Der Guss wird meistens mit folgender Losung eingeleitet: „In Gottes Namen lasst´s rinnen, stoßt den Zapfen aus. Gott bewahr‘ das Haus.“

Nach mehrwöchiger Abkühlzeit kann die Glocke aus der Form geholt werden, wobei erst dann sichtbar wird, ob der Guss gelungen ist. Termin für den Guss ist traditionell der symbolträchtige Freitagnachmittag um 15 Uhr – die Sterbestunde Jesu Christi.

Claudia Ulrich, Theologiestudentin,
im August und September 2012 Praktikantin in der Stephanusgemeinde

 

Teil 2: Die Kerze

KerzenDie Kerze ist von alters her ein liturgischer Gegenstand des Christentums. Nachdem ihr kultischer Gebrauch – in Abgrenzung zu religiösen Praktiken der Umwelt – ursprünglich abgelehnt wurde, wird sie bereits im ersten bis dritten Jahrhundert nach Christi Geburt zu einem festen Element des christlichen Gottesdienstes.

In religionsgeschichtlicher Perspektive ist die Kerze symbolischer Ausdruck für den Gegensatz von Licht und Finsternis. Ihre biblische Bedeutung gewinnt sie in Bezug auf Johannes, Kapitel 8, Vers 12: Jesus als das Licht der Welt.

KerzenIhren zentralen gottesdienstlichen Ort hat die Kerze in der Osternachtsliturgie und dem Ritual, eine neue Osterkerze zu entzünden. Sie ist damit Zeichen der Auferstehungshoffnung, die sich an Ostern erneuert. In dieser Tradition steht dann auch die Taufkerze, die bei der Taufe von Kindern entzündet wird. Es wird symbolisiert, dass das getaufte Kind an der Auferstehungshoffnung in Jesus Christus teil hat.

Während die ältere Tradition der Kerzenweihe zu Maria Lichtmess weithin verblasst ist, hat sich – trotz vorübergehenden Einspruchs in der Zeit der Aufklärung im 18. und 19. Jahrhundert – die liturgische Kerzenpraxis Kerzenan anderen Stellen im Kirchenjahr etabliert, so etwa das Entzünden von Kerzen im Eingedenken der Verstorbenen im Gottesdienst am Totensonntag, an Allerseelen und anderen Feiertagen.

Über den gottesdienstlichen Gebrauch hinaus öffnet sich ein weites Feld bedeutsamer Kerzenpraxis:

  • im Zusammenhang der privaten Feier von lebensgeschichtlichen Wegmarken wie der Geburtstagskerze als Lebenslicht,
  • Kerzenin der religiösen Festpraxis der Familie im Advent mit dem Adventskranz und zu Weihnachten mit dem Christbaum,
  • in politischen Akten eines öffentlichen Christentums, beispielsweise in Gestalt von Lichterketten im Rahmen von Menschenrechts- und Friedensdemonstrationen.

Kulturpsychologisch betrachtet erscheint die Kerze als domestiziertes Feuer, sie versinnbildlicht eine gebändigte, elementare Kraft, die verzehrt, reinigt und verwandelt.

Kulturgeschichtlich entfaltet sich der Symbolwert der Kerze heute auf dem Hintergrund, dass diese in der Moderne angesichts des elektrischen Lichts dem alltäglichen instrumentellen Gebrauch enthoben ist und damit als besondere Lichtquelle zu besonderen Zeiten fungiert.

Kristian Fechtner





Teil 3: Der Diakon Stephanus

Konzert mit Kammermusik für Holzbläser-QuintettDank einer Stiftung von Paul Herpe beherbergt unsere Kirche eine wunderbar ins Holz gesetzte Stephanusfigur. Stephanus ist zugleich auch der Namensgeber unserer Gemeinde als Stephanusgemeinde. Nur – wer war eigentlich Stephanus?

Stephanus war der erste von sieben Diakonen der urchristlichen Gemeinde in Jerusalem. Diese Diakone waren von den Aposteln durch Handauflegung geweiht worden, nachdem in der Gemeinde ein Konflikt zwischen Mitgliedern mit griechischem Hintergrund und solchen mit traditionell jüdischem aufgetreten war. Es ging dabei darum, wie Witwen versorgt werden sollten. Diakone waren nun zugleich für die Glaubensverkündigung zuständig wie auch für die sozialen Belange der Gemeinde und hatten den Rang von Gemeindeleitern, die in ihrer Bedeutsamkeit nahe an die Apostel heranreichten (Apostelgeschichte 6, 1 - 7). Stephanus war ein Mann „voll Gnade und Kraft, tat große Wunder und Zeichen unter dem Volke” (Apostelgeschichte 6, 8). Durch eine seiner Predigten geriet Stephanus mit den hellenistischen Juden in Jerusalem in Konflikt. Sie brachten ihn unter dem Vorwurf der „Reden wider die heiligen Stätten und das Gesetz” mit falschen Zeugen vor den Hohen Rat (Apostelgeschichte 6, 9 – 15). Er durfte seine Verteidigungsrede, in der er seinen christlichen Glauben bekannte und den Vorwurf des Prophetenmordes und der Nichtbeachtung der durch Mose überbrachten Gebote erhob, nicht zu Ende führen. Die Richter sahen sein Antlitz wie das eines Engels strahlen, hielten sich aber die Ohren zu vor seiner flammenden Verteidigungsrede, mit der er sein Bekenntnis ablegte. Die in Apostelgeschichte 7, 2 – 53 wiedergegebene, eindrucksvolle Rede belegt, dass Stephanus noch vor Paulus den universellen Anspruch des Christentums verkündete.

Stephanus wurde am Ende seiner Rede die Vision zuteil, wie Jesus „zur Rechten Gottes” steht; als er dies mitteilte, wurde er als Gotteslästerer empört umringt und von der aufgebrachten Menge vor den Stadttoren – nach der Überlieferung beim Damaskus-Tor – gesteinigt. Er sah den Himmel offen, kniete im Gebet nieder, vergab seinen Peinigern und starb (Apostelgeschichte 7, 54 – 60). Saulus von Tarsus, der spätere Paulus, stimmte nach eigenem Bekunden der Hinrichtung zu und bewachte die Kleider der Zeugen, die gegen Stephanus ausgesagt hatten (Apostelgeschichte 22, 20). Stephanus‘ Steinigung war der Auftakt zu einer großen Christenverfolgung in Jerusalem (Apostelgeschichte 8, 1 – 3). Der Stephanustag wurde schon seit der Einführung des Weihnachtsfestes als Fest am Tag nach dem Fest der Geburt Jesu begangen, wodurch die Freude über die Geburt und die Trauer über die Bedrohtheit des Lebens ganz nahe zusammen gesehen wurden. Möglicherweise durch Verdrängung eines heidnischen Winterfestes wurde Stephanus Patron der Pferde und des Gedeihens in Feld und Haus. Pferde werden in seinem Namen gesegnet; am Stephanustag wechselten Pferdeknechte und Kutscher ihren Arbeitgeber. Am Stephanustag wurde in den Kirchen ein Kelch mit Rotwein, in dem ein Stein versenkt war, gesegnet; der Rotwein erinnerte an das vergossene Blut, der Stein an die Art des Martyriums; dieser gesegnete Wein wurde dann bei vielen Krankheiten als Heilmittel verwendet, er trägt die weinrechtlich offizielle Bezeichnung „Stefaniwein“ oder „Stefanilese“. An Arme wurde am Stephanustag Brot ausgeteilt, womit die ursprüngliche Tätigkeit der Diakone nachvollzogen wurde. Kinder zogen singend von Haus zu Haus und baten um Gaben, dieser Brauch ist dann auf Epiphanias übergegangen.